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"Unser Markt ist total kaputt"

Komponist und GEMA-Aufsichtsrat Matthias Hornschuh über die Marktmacht von Spotify und die Folgen der KI-Revolution für Musikschaffende

Interview von Daniel Nagel
veröffentlicht am 30.04.2024

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Komponist und GEMA-Aufsichtsrat Matthias Hornschuh über die Marktmacht von Spotify und die Folgen der KI-Revolution für Musikschaffende

Matthias Hornschuh 2021. © Mario Giordano

Matthias Hornschuh ist Komponist für Film- und Theatermusik und engagiert sich in zahlreichen Organisationen wie der GEMA, der Initiative Urheberrecht und dem Landesmusikrat NRW für die Interessen von Komponisten und Musikern. Wir sprachen mit ihm über Streaming-Vergütung und die Auswirkungen von KI für Musiker*innen und Verwertungsgesellschaften.

Backstage PRO: Matthias, du hast eine klassische Ausbildung zum Musiker absolviert, aber du arbeitest wie so viele als freier Musiker und Komponist. Wie kam es dazu?

Matthias Hornschuh: Ich habe sehr früh angefangen, klassische Musik zu machen. Ich lernte Geige spielen und habe im Chor gesungen. Mit 13 spielte ich eine Solorolle in einer modernen Oper am Opernhaus Bielefeld und habe dann gemerkt, dass das nicht nur mein Leben, sondern auch mein Beruf werden soll. Während der Schule habe ich mit der Geige die Aufnahmeprüfung an der Musikhochschule in Detmold gemacht und habe schulbegleitend angefangen, Geige zu studieren. Im Zivildienst habe ich gemerkt, dass ich ungern Musik nach Dienstplan mache und begann, in einer Metalband zu spielen. Zunächst in einer eigenen, die aber keinen Erfolg hatte und später in einer, in der ich dafür bezahlt wurde. 

Backstage PRO: Aber es kam nicht in Frage für dich, als Berufsmusiker dein Geld zu verdienen? 

Matthias Hornschuh: Nicht auf diese Weise. Das war eigentlich genau das, was ich nicht machen wollte. Deshalb habe ich dann angefangen, in Köln Musikwissenschaft mit Schwerpunkt Musikpsychologie zu studieren. Gleichzeitig wurde ich gefragt, ob ich Lust habe, für ein Theaterstück mit Film-Elementen die Musik zu komponieren. Dabei habe ich gemerkt, dass das genau das ist, was ich machen möchte. 

Backstage PRO: Wie würdest du deine berufliche Tätigkeit zusammenfassen?

Matthias Hornschuh: Im Hauptberuf bin ich Komponist und unterrichte an Unis und Hochschulen, besonders im Bereich Musikwirtschaft, Musikpsychologie und Filmmusik. Im Moment mache ich allerdings so viel Politik, dass ich fast gar nicht mehr zu meinem künstlerischen Beruf komme. 

Backstage PRO: Was sind aktuell die Kernbereiche deiner beruflichen Tätigkeit?

Matthias Hornschuh: Ich mache branchenpolitische Arbeit für meine Kolleg*innen. Angefangen hat es als Arbeit für Komponist*innen, mittlerweile ist daraus weitaus mehr geworden. Ich bin bspw. stellvertretender Präsident des Landesmusikrats Nordrhein-Westfalen. Darüber hinaus bin ich Sprecher der Kreativen in der Initiative Urheberrecht und verantwortlich für die Anliegen aller schöpferisch Tätigen. Seit 2018 sitze ich im Aufsichtsrat der GEMA und mache dort Interessenvertretung für Komponist*innen.

"Es gibt nicht genug Wettbewerb im Streaming-Markt"

Backstage PRO: Die Streaming-Vergütung wird nicht nur von Musikern, sondern auch von der GEMA und verschiedenen Verbänden als unbefriedigend kritisiert. Wie siehst du die Lage? Droht eine Verödung der Musiklandschaft, gerade im Hinblick auf Nischenmusik und Newcomer? 

Matthias Hornschuh: Spotify ist unangefochtener Marktführer und als Einzelunternehmen viel zu mächtig. Mehr Wettbewerb wäre sinnvoller und nachhaltiger. Wettbewerb heilt nicht grundsätzlich alle Probleme, kein Wettbewerb ist jedoch nie eine gute Idee. Andere europäische Anbieter wie zum Beispiel Deezer sollten auch eine Chance auf dem Markt erhalten.

Backstage PRO: Du siehst einen direkten Zusammenhang zwischen Marktmacht und den neuen Regeln?

Matthias Hornschuh: Spotify kann seine neuen Regeln nur durchsetzen wegen der starken Marktposition. Deezer hätte das zum Beispiel nicht so einfach machen können. Im Übrigen ist aber klar, dass Spotify die neuen Regeln zusammen mit den Major Labels erarbeitet hat. Es ist davon auszugehen, dass das, was Spotify als Alleingang verkauft, mindestens von zwei bis drei großen Akteuren vorbereitet wurde. 

Backstage PRO: Die Major Labels spielen also eine ungute Rolle?

Matthias Hornschuh: In den vergangenen Jahren haben große Labels häufig Einfluss genommen und damit etwa Verbesserungen in der Transparenz der Geldverteilung erschwert. Diese Transparenz ist aber notwendig, um zu ermitteln, wem welcher Anteil zusteht. 

Backstage PRO: Wie kann man etwas daran ändern? Spotify scheint daran ja nichts ändern zu wollen. Ist die einzige Möglichkeit eine politische Lösung bestenfalls auf EU-Ebene?

Matthias Hornschuh: Die Antwort ist eindeutig ja. Spotify hat schlichtweg andere Interessen, was durchaus legitim ist. Ein großes Interesse ist selbstverständlich, Marktführer zu bleiben und sich nicht in die Karten schauen zu lassen. Jedes Unternehmen, das es schafft, wenig transparent zu arbeiten, erlangt einen Wettbewerbsvorteil. Der Musikstreamingbericht des EU-Parlaments aus dem Januar stellt fest, dass eine krasse Ungleichheit auf dem Streaming-Markt existiert, insbesondere in Sachen Beteiligung der Urheber*innen und nicht direktvertraglich gebundener ausübender Künstler:innen. Daraus entwickelt sich eine Gefährdung des Berufsstandes von Autor*innen und Komponist*innen - und damit der Vielfalt. Das ist eine katastrophale Perspektive für den europäischen Binnenmarkt.

"Durch User-Centric entstehen neue Kosten"

Backstage PRO: Wie könnte eine Lösung aussehen? Ist das user-zentrierte oder User-Centric-Abrechnungsmodell die Lösung? 

Matthias Hornschuh: Schon möglich; ich glaube aber nicht, dass das User-centric-Model alle Hoffnungen erfüllt, die damit verbunden sind. Außerdem entstehen durch User centric Kosten, die wir nicht vollständig überblicken. Aus Sicht der Verwertungsgesellschaften ist das ein sehr wichtiger Aspekt. 

Backstage PRO: Welche Kosten würden steigen?

Matthias Hornschuh: Mit einem User-Centric-Abrechnungsmodell vervielfacht sich die Menge der Abrechnungsdaten. Es kann sein, dass erhebliche Rechenkapazitäten hinzugemietet werden müssen, um diese Masse an Daten zu verarbeiten. Administrative und kaufmännische Erwägungen müssen also immer in die Bewertung mit einbezogen werden. Gleichwohl hat die GEMA Bereitschaft signalisiert, das System, das viele Musikautor*innen präferieren, auszuprobieren. 

Backstage PRO: Das User-Centric Modell verteilt das Geld an die Künstler und Künstlerinnen, die gehört werden. Das würde Leuten, die eher ältere Musik hören, einen deutlich größeren Einfluss auf den Markt geben als aktuell. Dadurch würde sich der Anreiz reduzieren, Streaming- Zahlen zu fälschen oder in die Höhe zu treiben. Das Ergebnis wäre größere Transparenz, oder? 

"Wir erleben Monopolisierung statt Demokratisierung"

Matthias Hornschuh: Ja. Transparenz ist eines der zentralen Versprechen der Digitalisierung. Es ist nicht zu begreifen, dass wir darum immer noch und immer wieder streiten müssen. Die Digitalisierung hat in den letzten Jahren nicht Demokratisierung vorangetrieben, sondern Monopolisierung. 

Backstage PRO: Und die Situation wird nicht besser.

Matthias Hornschuh: Nein. Wer diese Marktkonzentration bisher nicht erkannt hat, wird sie spätestens seit der KI-Revolution im November 2022 sehen müssen. Hier teilen sich fünf bis sechs altbekannte Unternehmen den Markt; die üblichen Verdächtigen, allen voran Google, Amazon, Microsoft und Meta. Schon wieder haben wir einen Monopol-Effekt und schon wieder wird uns erzählt, dass es ein Demokratisierungsprozess ist, was natürlich nicht stimmt. 

Backstage PRO: Ist KI eine Bedrohung für Musikschaffende wie dich?

Matthias Hornschuh: Grundsätzlich ja. Das Problem ist, dass diese Substitution nur möglich ist, weil auf unsere Werke zurückgegriffen wurde, ohne uns zu fragen oder zu bezahlen. Wir wurden also entrechtet, um die Voraussetzung zu schaffen, uns zu ersetzen. Dass der Staat das zulässt, ist einer der großen Skandale der letzten Jahre. Was mich persönlich betrifft, bin ich allerdings nicht von Angst getrieben. 

Backstage PRO: Wer sind aus deiner Sicht die Hauptbetroffenen?

Matthias Hornschuh: Wir werden den niederschwelligen Massenmarkt verlieren. Dieser Prozess hat teilweise schon begonnen. Stille-Vermeidungsmusik wie in Friseursalons auf Lizenzbasis mit Pauschalvergütung wird nicht mehr funktionieren. Da drückt man dann einen Knopf und es erklingt Moodmusik mit generischen Beats.

"Wir werden 30 Prozent unseres Marktes verlieren"

Backstage PRO: Was wären die Folgen? 

Matthias Hornschuh: Man kann jetzt natürlich sagen, dass diese Musik eh keine große Kunst darstellt, aber wirtschaftlich ist sie ein signifikanter Teil des Gesamtmarkts. Sollten diese Einnahmen wegfallen, die man nicht genau zuordnen kann, wird das wirtschaftliche Fundament unseres gesamten Schaffens in Frage gestellt. Diese Einnahmen sind wichtig für die Arbeit von Verwertungsgesellschaften, denn sie sorgen für einen Grundumsatz und decken administrative Kosten. Wenn wir diese Einnahmen verlieren, wird es also teurer für die Berechtigten, eine Abrechnung von der GEMA oder anderen Verwertungsgesellschaften zu erhalten. 

Backstage PRO: Wie hoch sind diese Pauschaleinnahmen im Verhältnis?

Matthias Hornschuh: Da geht es schon um Millionenbeträge, auch dreistellige. Der GEMA geht es in diesem Jahr ziemlich gut, da sie ein Rekordergebnis von fast 1,3 Milliarden Euro erwirtschaftet hat. Das ist insofern eine gute Nachricht, als dass wir für die nächsten Jahre standfest sind. Aber wenn man sich andere Verwertungsgesellschaften anschaut, sind diese ausnahmslos viel kleiner. Die absehbaren Verluste sind für alle ein großes Problem. Es gibt Studien und Prognosen, die vorhersagen, dass wir in den nächsten fünf Jahren 30 Prozent unseres Marktes verlieren werden, während sich der Anteil an KI-Musik mindestens verzehnfachen wird. Wir stehen vor einem echten Umbruch. 

Backstage PRO: Mit entsprechenden Folgen für Musiker und Musikerinnen. 

Matthias Hornschuh: Es kommt darauf an, in welchen Bereich man schaut. Der Bereich Production Music wird sicher unter Druck geraten. Das ist ein wichtiger Markt mit kompetenten Leuten, an dem auch viel Infrastruktur hängt. Musik für Dokumentationen oder Daily Soaps ist weniger auf Kunst angewiesen, sondern auf schnelle Lösungen und da bietet sich KI-Musik als Alternative an. In Bezug auf hochwertige Filmmusik oder Popmusik werden Komponist*innen weiterhin nicht verzichtbar sein. Meine vorsichtige Prognose ist, dass wir eine Scherenbewegung mit einer deutlichen Elitenbildung erleben werden. 

"KI-Scraping und Training ist seit 2012 belegbar"

Backstage PRO: Zum Training von KI: Der AI Act der EU besagt, dass die Werke, mit denen trainiert wurde, ausgewiesen werden müssen. Aber eine Vergütung für das Training ist nicht vorgesehen. Es ist auch unklar, ob die Unternehmen das zahlen könnten, weil viele, aber natürlich nicht alle, ja Startups sind. 

Matthias Hornschuh: Wie das die Unternehmen zahlen sollen, ist doch nicht unser Problem!  Start-ups müssen Strom, Miete, Wasser und Angestellte zahlen. Warum sollten ausgerechnet wir diejenigen sein, die nicht bezahlt werden müssen? Abgesehen davon sind Microsoft und Open AI keine Start-ups. Wir sind die Rohstofflieferanten für diese Firmen.

Backstage PRO: Was heißt das?

Matthias Hornschuh: Grundsätzlich: Diese Unternehmen brauchen unsere Musik und Texte, unsere Literatur und unsere Fotos und zwar händeringend, denn sie haben ja schon alles gescrapt und können ihre System ohne neue menschengemachte Inhalte nicht weiter trainieren. In einem kapitalistischen System kann es nicht sein, dass das nicht vergütet wird. Eine Vergütungsfreiheit kommt nicht in Frage. Notfalls muss der Staat dafür sorgen.

Backstage PRO: Wie ist die rechtliche Situation in Deutschland? Das aktuelle Urheberrecht von 2021 erlaubt ja in § 44b Urheberrechtsgesetz Text and Data Mining.

Matthias Hornschuh: KI-Systeme werden nicht erst seit ein paar Jahren durch Werke trainiert. Das Scraping und Training ist seit 2012 belegbar. Die großen kommerziellen KI-Modelle wurden vor 2021 unter anderem mit Piraterie-Korpora und zu 100 Prozent mit nicht-lizenzierten Inhalten trainiert. Das muss richtig teuer werden. Über die Phase ab 2021 werden Gerichte entscheiden. 

Backstage PRO: Manche KI-System kopieren urheberrechtlich geschützte Musik ja ganz offen. 

Matthias Hornschuh: Generative KI-Systeme können Identitäten stehlen, Stimmen nachahmen, Texte im Stil eines Künstlers schreiben und Stile kopieren. Das sieht man bei Udio sehr gut. Ich erhalte jeden Tag 4-5 Beispiele von Musik, die die Stimme bekannter Künstler klont und Phrasen aus den Originaltexten enthält. Das reicht von Depeche Mode über Siouxsie and the Banshees bis zu Gisbert zu Knyphausen.

"KI-Modelle haben ein Problem mit Geschäftsmodellen"

Backstage PRO: Kann man mit KI erstellten Inhalten wie Musik überhaupt ausreichende Einnahmen erzielen? 

Matthias Hornschuh: Der gesamte Markt mit generativer KI hat im vergangenen Jahr nur 3 Milliarden Euro Umsatz erzielt, gleichzeitig aber ein Vielfaches verbrannt. Es stellt sich die Frage, ob es sich um eine Blase handelt, die möglicherweise bald platzt. Es ist kein Wunder, dass es ein Problem mit den Geschäftsmodellen gibt. KI generierte Inhalte können nach aktuellem Recht weder in den USA noch in Deutschland urheberrechtlich geschützt werden, da sie nicht von natürlichen Personen geschaffen wurden. Dadurch fehlen KI-Unternehmen Einnahmen in diesem Bereich. 

Backstage PRO: Einer der Gründe für den Bruch zwischen Universal und TikTok war, dass TikTok ihre Plattform mit KI generierter Musik fluten möchte. Dadurch fallen die eh schon geringen Lizenzzahlungen weg. Das könnte sich Spotify ebenfalls zunutze machen. Wie siehst du diese Entwicklung? 

Matthias Hornschuh: Das ist eine komplizierte Frage. Wir sind wieder beim Thema Marktkonzentration: Was passiert, wenn Konzerne wie Google oder Byte Dance nicht nur das zentrale Vertriebsmittel für die Inhalte, sondern auch die Erzeugungsmöglichkeit dafür besitzen? Die Arbeit von Komponist*innen und Musiker*innen wird dadurch massiv entwertet. Und jede Person, die auf ein Video klickt, nicht klickt oder zögert, wird erfasst und führt zu einem weiteren Training dieser KI. Wir sind also unwiderruflich Rohstofflieferanten für KI-Systeme, denen wir aber komplett egal sind. Das ist ein echtes Katastrophen-Szenario. 

Backstage PRO: Wie sollte die Politik auf EU-Ebene reagieren?

Matthias Hornschuh: Kartellrechtlich sollten bei der EU alle Alarmglocken läuten, weil dieses Szenario seit der Veröffentlichung von Chat GPT und ähnlichem auf dem Tisch liegt. Die aktuelle Marktentwicklung widerspricht den Regeln des EU-Wettbewerbsrechts. Unsere urheberrechtlich geschützten Inhalte müssen unter Aspekten des EU-Binnenmarkts betrachtet werden. Wenn aber KI-Unternehmen ihre Server auf nicht europäischen Boden haben, gelten die Gesetze der EU aber schlichtweg nicht. Das macht uns also in gewisser Weise machtlos.

Backstage PRO: Kann man die Verwendung urheberrechtlich geschützter Inhalte zum KI-Training nachweisen?

Matthias Hornschuh: Es gibt Hinweise, dass KI-Plattformen wie Udio mit Spotify gelernt haben könnten. Das wäre ein klarer Rechtsbruch, der aber aktuell nicht konkret nachgewiesen ist. Sämtliche von der GEMA repräsentierte Musik ist vom Training ausgeschlossen. Hierfür hat die GEMA einen Generalvorbehalt ausgesprochen. Das gilt auch, wenn die Musik auf YouTube, Deezer oder eben Spotify vorhanden ist. Sollten dennoch GEMA-geschützte Lieder verwendet worden sein, wäre das ein immenser Rechts- und Vertrauensbruch. Die Frage ist vorerst, wie man das greifen kann. 

"Musikschaffende haben keine Reserven mehr"

Backstage PRO: Was müsste man jetzt tun?

Matthias Hornschuh: Das Problem ist, dass unser Markt aktuell total kaputt ist. Spätestens seit Corona haben Leute, die Musik machen, sei es als Komponist*innen oder Musiker*innen, keine Reserven mehr. Bei der nächsten kleinen Katastrophe geben viele ihren Beruf auf. Das muss man sich volkswirtschaftlich genauer anschauen, denn es kann nicht im Interesse des Staates sein, dass diese Beschäftigung wegbricht. Die Nachfrage ist da, aber es kommt keine tragfähige Vergütung dabei heraus.

Backstage PRO: Kommt das bei der Politik an?

Matthias Hornschuh: Ja. Wir reden mit der Bundesregierung, mit dem europäischen Parlament und der europäischen Kommission und das auf Wochenbasis. Das ist aufgrund des Ehrenamts eine totale Überforderung, die wir nicht über Jahre hinaus führen können. Es ist ganz wichtig, dass die einzelnen Organisationen sich miteinander vernetzen. Dann können wir strategisch agieren. Die Kleinen bringen ihr Know-How ein und die Großen können versuchen, die Kohlen aus dem Feuer zu holen.

Backstage PRO: Welche Erfolge hat die Lobbyarbeit erzielt?

Matthias Hornschuh: Wir haben es zum Beispiel geschafft, die Transparenzpflicht hinsichtlich des KI-Trainings und eine Kennzeichnungspflicht für den Output der KI-Systeme in den AI Act aufzunehmen. Der AI Act sollte aber kein urheberrechtliches Gesetzgebungspaket sein und wird auch keines. Es war so schon schwer genug, den AI Act überhaupt durchzusetzen. In neuen aktuellen Druckfassungen des AI Acts steht eine sogenannte "Grandfather Clause", die besagt, dass die Kennzeichnungspflicht noch bis zu drei Jahre ruhen darf.

Backstage PRO: Kann der Gesetzgebungsprozess der EU mit der rasanten Entwicklung mithalten?

Matthias Hornschuh: In zukünftigen Urheberrechts-Entscheidungen, die mittlerweile eigentlich nur noch auf europäischer Ebene getroffen werden, wird es immer weniger um Richtlinien gehen, sondern verstärkt um Verordnungen. Weil durch Richtlinien der Umsetzungsprozess deutlich verlängert wird. Lange Umsetzungen können wir uns nicht leisten, weil der Wettbewerb darunter leidet. Wir müssen in einen internationalen Regelaustausch umschwenken, um weiter handlungsfähig zu bleiben.

Backstage PRO: Herzlichen Dank für das Interview.

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