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"Misogyny in Music"-Bericht zeigt Defizite

Kritik an Reaktion der UK-Regierung auf Bericht zur Frauenfeindlichkeit in der Musikbranche

News von Backstage PRO
veröffentlicht am 30.04.2024

musicians union

Kritik an Reaktion der UK-Regierung auf Bericht zur Frauenfeindlichkeit in der Musikbranche

© Harry Shelton via unsplash.com

Die Musicians Union übt harte Kritik an der Reaktion der britischen Regierung auf den "Misogyny in Music"-Bericht. Der Bericht wurde Anfang des Jahres von den Abgeordneten des Parlamentsausschusses für Frauen und Gleichberechtigung erstellt und unterbreitet Vorschläge, um Frauenfeindlichkeit in der Musikbranche entgegenzuwirken.

Laut dem Sonderausschuss sind Frauen in der Musikindustrie mit mangelnder Unterstützung und Möglichkeiten, geschlechtsspezifischer Diskriminierung, ungleicher Bezahlung sowie sexueller Belästigung und Übergriffen konfrontiert. 

Der "Misogyny in Music"-Bericht bezeichnet die Musikbranche als "Männerclub", der Frauen diskriminiert und durch eine "Kultur des Schweigens" verdeckt wird. 

Unzufriedenstellende Antwort

Die Regierung ging in ihrer Antwort auf alle Empfehlungen des Sonderausschusses ein. Die regierende Konservative Partei gestand zwar zu, dass die Musikindustrie dringend gegen Frauenfeindlichkeit vorgehen muss, wies aber alle Vorschläge zur Änderung von Gesetzen jedoch zurück.

Die Empfehlungen des Berichts für einen stärkeren rechtlichen Schutz wurden laut der Musicians Union, die Beratung, Unterstützung und Rechtsbeistand für Musiker*innen anbietet, abgelehnt oder ignoriert. Daher fordert die Organisation die Regierung nun dazu auf, "ihre Position zu überdenken und die Empfehlungen des Berichts umzusetzen". 

Für mehr Frauen in der Musikbranche

Der Bericht enthält zahlreiche Empfehlungen und Vorschläge, die sich vor allem auf Gesetzesänderungen in Großbritannien beziehen. 

Der Sonderausschuss empfahl beispielsweise ein Verbot von Vertraulichkeitsvereinbarungen in Fällen von sexuellen Übergriffen, Mobbing, Belästigung und Diskriminierung. 

Lizenzierung für Tonstudios?

Weniger nachvollziehbar wirkt hingegen der Vorschlag, ein Lizenzierungsverfahren für Tonstudios einzuführen, das eine Risikobewertung in Bezug auf sexuelle Belästigung beinhaltet.

Ein solches Verfahren wäre vermutlich wenig aussagekräftig hinsichtlich der tatsächlichen Gefahren und würde Frauen keinen besseren Schutz bieten. 

Livemusik-Spielstätten

Die öffentliche Förderung und Lizenzierung für Livemusik-Spielstätten sollt nach Ansicht des Reports abhängig von deren Maßnahmen zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Vorurteile, sexueller Belästigung und Missbrauch sein. 

Das Personal der Veranstaltungsorte sowie das Sicherheitspersonal sollte zudem an Schulungen zum Umgang mit Diskriminierung, sexueller Belästigung und Missbrauch teilnehmen. 

Daher schlägt der Sonderausschuss der britischen Regierung vor, kleineren Veranstaltungsorten Mittel zur Verfügung zu stellen, damit sie diese Bedingung erfüllen können. 

Forderungen zum Gleichstellungsgesetz

Abschnitt 14 des Gleichstellungsgesetzes von 2010, der Schutz vor Diskriminierung bietet, sollte laut dem Sonderausschuss geprüft und überarbeitet werden, um diejenigen besser zu schützen, die mit intersektioneller Ungleichheit konfrontiert sind.

Die Regierung sollte darüber hinaus Gesetzesvorschläge vorlegen, um den Schutz in Bezug auf Diskriminierung und Belästigung im Gleichstellungsgesetz auf alle Freiberufler*innen auszuweiten sowie die Verjährungsfristen für Klagen wegen Diskriminierung und sexueller Belästigung auf sechs Monate verlängern. 

Der Sonderausschuss unterstützt außerdem die Einrichtung der unabhängigen Behörde für Normen in der Kreativwirtschaft (CIISA). Sie würde dazu beitragen, inakzeptables Verhalten in der Musikindustrie aufzuklären und dadurch das Risiko weiteren Schadens zu verringern.

Dafür müsste die Regierung jedoch Gesetzesänderungen einleiten, damit die CIISA ihre Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen kann.

Änderungen an schulischen Institutionen 

Die Abgeordneten fordern zudem Änderungen in schulischen Institutionen. Die Musikindustrie und die Regierung sollten mehr in die Förderung vielfältiger Talente investieren und mehr Mittel für die entsprechenden Programme bereitstellen, so dass der Frauenanteil in der Musikindustrie steigt. 

Die britische Regierung müsse ebenfalls eine neue Strategie für die Schulen entwickeln und einführen, die sich speziell an Jungen richtet und die Themen Frauenfeindlichkeit und sexuelle Belästigung behandelt. Auch Lehrer*innen und andere Beschäftigte an Schulen sollten über die Politik in Bezug auf Missbrauch und Belästigung informiert werden und sich einer Hintergrund- und Referenzprüfung unterziehen.

Neue Pflichten für Arbeitgeber*innen

Den Arbeitgeber*innen sollte die Pflicht auferlegt werden, proaktiv zu handeln, um Arbeitnehmer*innen vor sexueller Belästigung durch Dritte zu schützen.

Auch Plattenfirmen und Organisationen sollten dazu verpflichtet werden, regelmäßig Statistiken über die Vielfalt ihrer kreativen Belegschaft sowie geschlechts- und ethnisch bedingte Lohnunterschiede zu veröffentlichen.

Außerdem seien eine stärkere Sensibilisierung für den Zeitdruck, unter dem Eltern stehen, eine bessere Unterstützung bei der Kinderbetreuung, flexible Arbeitsregelungen und eine Reform des Elternurlaubs für Freiberufler*innen im gesamten Musiksektor erforderlich.

Musicians Union ist enttäuscht

In einem Statement der Musicians Union erklärt die Generalsekretärin Naomi Pohl:

"Die MU ist zutiefst enttäuscht über die Reaktion der Regierung auf den Bericht "Misogyny In Music" und schockiert darüber, dass die Empfehlungen des Sonderausschusses auf diese Weise abgelehnt wurden".

Pohl bezeichnet darüber hinaus das momentane Gleichstellungsgesetz als "veraltet" und bittet um eine Aktualisierung:

"Die Branche braucht mehr Mittel zur Unterstützung gezielter Maßnahmen zur Verbesserung der Vielfalt und einen verbesserten Rechtsrahmen, der die Arbeitsweise von Musikern widerspiegelt. Die Regierung hat sich zu beidem nicht verpflichtet".

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